Erfolgreiche Führung: Gesund bleiben durch Unabhängigkeit und Reflexion (Teil 2)
Der Schlüssel für erfolgreiche Führung
Im zweiten Teil meines Interviews mit Karriereberaterin und Autorin Svenja Hofert geht es darum, wie „gute“ Führung eines Teams heute aussehen kann und wie die moderne Arbeitswelt von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens profitieren könnte.
Sie hat mir dazu KEIN Geheimrezept verraten…aber sehr wohl Antworten dazu gegeben.
C.B.: Was sollte eine Führungskraft beachten, die ein neues Team zusammenstellt?
Das hängt stark von dem Projekt ab. Eine pauschale Antwort ist schwierig. Ist es beispielsweise sehr innovativ, werden ausgeprägte Fachkompetenzen benötigt oder auch, welche Aufgaben sind zu bewältigen? Geht es um Kommunikationsaufgaben? Tauchen dabei interkulturelle Fragen auf?
Das alles spielt eine Rolle. Auch die Reife des Teams und der einzelnen Mitglieder ist relevant.
Die beste Herangehensweise wäre, ein Anforderungsprofil für das Team als auch für die einzelnen Mitglieder zu erstellen.
C.B.: Welche Rolle spielt dabei die von dir häufig thematisierte Reife und Reflektion bei Führungskräften?
Reflektion spielt derzeit in der Führungskräfteentwicklung eine untergeordnete, wenn nicht teilweise sogar gar keine Rolle. Eine Selbstreflexion findet selten statt. Die wäre jedoch wichtig, um das Denken zu erweitern und neue Impulse aufnehmen zu können. Dabei hat eine höhere „Ich“-Entwicklungsstufe (nach Jane Loevinger) eine höhere Wirksamkeit der Veränderung in Prozessen zur Folge. Das Modell von Otto Scharmer kann helfen. wirklich zuzuhören, nicht nur einfach sagen: „Ja, habe ich gehört“, sondern „habe ich verstanden“ im Sinne von: „ich setze mich auch innerlich damit auseinander“.
C.B.: Kommt hier das Thema „Wertschätzung“ nicht auch ins Spiel?
Da würde ich mit einer Gegenfrage antworten: was versteht jemand unter Wertschätzung? Aktives Zuhören gehört sicher dazu. Aber nur, wenn es durch Ergebnisoffenheit bestimmt ist. Allzu oft wird ein Gespräch schon mit einem klaren Ziel vor Augen geführt. Oder aber Informationen werden nicht von allen Seiten eingeholt. Da fehlt die innere Haltung der Wertschätzung aber auch der Offenheit zuzugeben: „Ich weiß nicht alles, ich muss nicht alles sofort kommentieren oder ein Ziel erreichen“.
C.B.: Wie erkennt eine Führungskraft, ob sie eine „gute“ Führungskraft ist?
Das hängt nicht nur von der Führungskraft, sondern auch von der Firma, dem Unternehmen ab und auf welcher Entwicklungsstufe sich beide befinden. Ist es ein stark hierarchisch geprägtes Unternehmen oder eher ein rollenorientiertes? Das ist nicht vergleichbar. Eine gute Führungskraft agiert kontextabhängig – auch in der heutigen Arbeitswelt. Eine gute Führungskraft schaut, welche Dosis von Agilität zum Unternehmen passt.
Sie muss sehen, wo sie selbst steht, wo das Unternehmen steht und wie sie sich auf diesen Kontext, auf die Organisation einstellen kann. Diese Flexibilität in der eigenen Führungsfähigkeit fordert Reife.
C.B.: Wenn nun eine Führungskraft sich weiterentwickeln möchte, woran würde sie ein gutes Programm zur Weiterentwicklung erkennen?
Innerhalb der Weiterentwicklung müsste auf Reflexion und Selbstreflexion gesetzt werden, weniger auf die Vermittlung von Skills wie beispielsweise Kommunikations- oder Konfliktfähigkeit. Das Programm sollte Impulse zur Entwicklung nicht nur intern abholen, also sprich „im eigenen Saft schmoren“. Es müsste Schnittstellen nach außen geben, die einen Austausch mit Führungskräften in anderen Unternehmen ermöglichen.
C.B.: Kommen wir zu einem anderen Thema, das dich seit vielen Jahren beschäftigt. Was siehst du als die größten Probleme oder Herausforderungen der heutigen Arbeitswelt?
Ich glaube der Punkt ist, dass die Arbeitswelt auf emotionale Abhängigkeit ausgerichtet ist. Das hat auch die ganze Burn-out Problematik zur Folge. Selbst die jungen Unternehmen, die Start-ups und auch die, die sich agil nennen, setzen letztendlich darauf Leute abhängig zu halten. Das ist ein Problem, weil für mich die Grenzen zur Ausbeutung fließend sind.
Es gibt nur wenige Unternehmen, die da gegensteuern.
C.B.: Was können Menschen in der Arbeitswelt tun, um gesund und stabil zu bleiben? Was könnte ihnen helfen?
(lacht) Reflexion, aber wenn jeder etwas in Frage stellen würde, dann würde die heutige Arbeitswelt so nicht mehr funktionieren… Im Grunde ist es wie im Kinofilm „Matrix“: „Entscheide dich, welche Pille du nimmst und dann siehst du, wie alles zusammenhängt.“ Das würde für die Arbeitgeber mitunter schlecht aussehen…
C.B.: Götz Werner, Unternehmer und Soziologen wie Sascha Liebermann glauben, dass das bedingungslose Grundeinkommen zur Unabhängigkeit der Arbeitnehmer beitragen könnte. Wie schätzt du das ein?
Auf alle Fälle, ja! Wobei ich auch hier die Psychologie des Menschen im Blick halten möchte. Das bedingungslose Grundeinkommen hat viele Vorteile, aber es setzt den Gedanken voraus, dass alle Menschen eigenverantwortlich handeln können, Dinge aus sich heraus tun können und sich intrinsisch um sich selbst kümmern.
Selbstverantwortung ist schließlich eine Basis des bedingungslosen Grundeinkommens. Doch Selbstverantwortung zu übernehmen, muss man erst mal gelernt haben. Manche Vordenker vernachlässigen, dass längst nicht alle Menschen die gleiche Reife haben. Sie haben oft ein wenig differenzierendes Menschenbild.
Das Grundeinkommen ist eine Möglichkeit der Befreiung. Aber das geht nur, wenn man die Leute damit nicht allein lässt. Sie müssten Unterstützung, Beratung, Coaching, Mentoring bekommen, um dauerhaft ihren Platz in der Gesellschaft und der modernen Arbeitswelt zu finden.
Vielen Dank für das Gespräch, Svenja.
Und hier geht es zu Teil 1 „Erfolgreiche Teams: befehlen und befolgen oder selbstbewusst und selbstorganisiert?“
Zur Person: Svenja Hofert: ist Autorin von mehr als 35 Büchern. Sie ist Inhaberin von Karriere & Entwicklung, bildet in der Karriereexpertenakademie Karrierecoachs weiter und hat ein Karrierenetzwerk gegründet. Als Mitgeschäftsführerin von Teamworks GTQ Gesellschaft für Teamentwicklung und Qualifizierung hat sie u.a. auch ein erfolgreiche Weiterbildung in Teamentwicklung etabliert.
Seminartermine auf http://www.karriereexperten.com und www.teamworks-gmbh.de .
Zur Person: Cornelia Bohlen ist Karrierecoach und Stärkentrainerin. Sie berät Unternehmen zu allen Themen der Personalentwicklung und begleitet Fach- und Führungskräfte auf ihrem Weg der beruflichen Weiterentwicklung. Dabei blickt sie auf mehr als 20 Jahre Berufserfahrung als Führungskraft und Personalerin zurück. 2012 gründete sie BerufsLeben.
Tags:Erfolg, Führung, Führungskräfte, Teamentwicklung, Teams
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